Werkverzeichnis Paul Mersmann
Giannozzo und die Krellhinzen

Entstanden 1983 als Flurbild der Villa Glücklich (Privatbesitz Enja Riegel, Wiesbaden), vgl. Die Geburt der Moderne sowie Sebastian unter den Frauen. Gemälde auf Holz, 345 x 265 cm. Die weißgekleidete Gestalt im Boot erinnert an die Figur Giannozzos aus Jean Pauls Erzählung Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch (erschienen 1801). In Rabelais' Gargantua und Pantagruel residiert Krellhinz, der Erzherzog der Katzbälger, auf der Insel Verwahrsam - eine derbe Satire auf den Juristenstand und die zeitgenössische Rechtspflege. Mersmanns 'Krellhinzen' finden sich im unteren Teil des Bildes. - Der Spiegel in der Bildmitte reflektiert einen Ausschnitt aus der gegenüberliegenden Geburt der Moderne.
Aufnahme © Doro Breger 2008
"Das Schlimmste war aber, wie wir in Verwahrsam ankamen; denn wir wurden wegen unsers Passierscheins vor das scheußlichste Untier gestellt. Man hieß es Krellhinz, und ich kann's nicht füglicher vergleichen als mit der Sphinx oder dem Cerberus, oder auch dem Bild des Osiris, wie ihn die alten Ägyptier malten, mit drei zusammengewachsenen Köpfen, nämlich denen eines brüllenden Löwen, eines wedelnden Hunds und eines lechzenden Wolfs, von einem Drachen umschlungen, der sich in den Schwanz beißt und feurige Strahlen ringsherum sendet.
Seine Tatzen waren voll Blut, die Krallen wie Harpyienkrallen, die Schnauze in Form eines Rabenschnabels, das Gebiß wie die Hauer eines vierjährigen Eberschweins, die Augen flammten wie Höllenschlünde.
Zum Stuhl diente ihm und seinen mauskätzerischen Beisitzern eine lange, funkelneue Heuraufe, über welcher an Winkelhaken sehr schöne geräumige Krippen hingen. Über dem Präsidentensitz war eine alte Frau gemalt, die eine Sichelscheide in der rechten, eine Waage in der linken Hand hielt und eine Brille auf der Nasen trug. Die Waagschalen waren zwei samtene Schnappsäcke, der eine, voll Münzen, hing tief herab, der andre, schlapp und leer, hoch oben über dem Zünglein. Dies war, mein' ich, das Bildnis der Krellhinzischen Gerechtigkeit, zum Unterschied von dem Gebrauch der alten Thebaner, die die Statuen ihrer Richter nach ihrem Tod in Gold, in Silber oder Marmor, je nach ihren Verdiensten, aber alle ohne Hände abbilden ließen." aus: Rabelais, Gargantua und Pantagruel, Fünftes Buch, Kap. 10.

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